Controlling.

Von Prof. Dr. Alfred-Joachim Hermanni

2016



Der nachstehende Beitrag stammt in Auszügen aus dem Bestseller: Hermanni, A.-J. (Erstauflage: 2016; Zweitauflage: 2022). Business Guide für strategisches Mannagement. 50 Tools zum geschäftlichen Erfolg. München: Springer.



Spätestens seit der Regentschaft von Isabella von Portugal (1397-1471) wissen wir, dass Frauen wie Männer sehr wohl die Kernaufgaben des klassischen Controllings beherrschen. Als inoffizielle Finanzministerin Burgunds überprüfte sie die Ein- und Ausgabenpolitik des Herzogtums, deckte Missstände auf und kämpfte gegen Betrug und Korruption.

Überlieferungen zufolge stammt der Begriff Controlling aus der Zeit der industriellen Revolution in den USA, als Rechnungsprüfern im Zuge zunehmender Kapitalkonzentration und Betriebskosten (ab 1880) die finanzwirtschaftliche Kontrolle und Prüfung von Unternehmen übertragen wurde. Zur Orientierung: Das betriebliche Rechnungswesen erfasst, steuert und kontrolliert alle Geld- und Leistungsströme eines Unternehmens. Man kann das Rechnungswesen in die Bereiche „Kosten- und Leistungsrechnung“ sowie „Controlling“ einteilen. Unter ersteres fallen alle Methoden und Verfahren zur Erfassung, Bewertung und Verrechnung von Kosten und Erlösen sowie deren Kontrolle anhand von Plan-, Soll- und Ist-Daten. Diese Angaben dienen der kurzfristigen, operativen Planung. Anders verhält es sich beim Controlling, das hauptsächlich der Planung, Steuerung und Kontrolle von Prozessen in einem Unternehmen dient. Berücksichtigt man all diese Aspekte, wird zwischen einem operativen und einem strategischen Controlling unterschieden:

  • Operatives Controlling setzt auf interne Informationsquellen (primär auf internes Rechnungswesen) zur Erreichung kurzfristiger Ziele wie Rentabilität und Wirtschaftlichkeit.
  •  Strategisches Controlling ist dagegen zukunftsorientiert ausgerichtet und unterstützt die Unternehmensführung bei der Planung und Erreichung langfristiger Ziele wie Existenzsicherung und Erfolgspotenzial. Als Informationsquellen werden neben internen Entwicklungen insbesondere solche aus der Umwelt des Unternehmens herangezogen.


Meisterliche Gelehrsamkeit durch Wiederholung / Geduld / Ausdauer

Wenn Produktionsprozesse zu optimieren oder neu zu installieren sind, muss man diese immer wieder absolvieren und auswerten, bis man jedem Detail zustimmt und somit die ideale Anleitung für einen reibungslosen Ablauf herausfindet. Der südkoreanische Wirtschaftsführer Lee Kun Hee (1942-2020) veranschaulichte einmal gegenüber seinen Führungskräften des Samsung Mischkonzerns an einem branchenfremden Beispiel, warum diese Wiederholungen unbedingt erforderlich sind: „Den gleichen Film zehnmal anschauen, denkst du, das geht nicht,“ fragte der exzentrische CEO des Technologieriesen und größten Produzenten von Smartphones, Fernsehern und Speicherchips. „Ich denke, das ist aber interessant. Wenn du den Film zum ersten Mal anschaust, kennst du die Geschichte und den Hauptdarsteller, vielleicht die Hauptdarstellerin. Beim zweiten Mal nimmst du die Statisten oder Nebendarsteller wahr, vielleicht drei oder fünf Rollen. Dann siehst du es zum dritten Mal und entdeckst die Dekorationen, die Autos auf den Straßen, die Gebäude auf der Rückseite, andere Blickwinkel.“  Aber sogar beim zehnten Mal ist es nicht genug, erklärte der CEO, sich in den Kopf des Regisseurs zu versetzen, aber das sollte das ultimative Ziel des Zuschauers sein, um den Film wirklich zu verstehen. Lee Kun Hee, der von 1987 bis 2008 den Samsung-Familienkonzern leitete, und diesen radikal umkrempelte, interessierte sich akribisch für alle Details unternehmerischen Handelns. So recherchierte der Visionär u.a. einmal, wie viele Reiskörner in einem einzigen Stück Sushi sind? Zweihundertfünfzig Reiskörner bei acht von zehn Zubereitungen, fand Lee Kun Hee heraus und forderte seine Mitarbeiter auf, uneingeschränkt so detailversessen und perfektionistisch zu denken wie er, damit alle Einzelheiten passen. Mit dieser grundlegenden Betrachtungsweise war der südkoreanische Unternehmer nicht allein.

Wie bekommt man eine verfahrensübergreifende Methode hin? Dazu nachfolgende einige Vorschläge. Prüfen Sie im Rahmen der Einkaufspolitik, welche Sachgüter und Dienstleistungen (oder Komponenten und Artikel davon) ohne Zwi- schenstationen von nachrangigen, aber hochwertigen Lieferanten bezogen werden können und welche eindeutig von Stammlieferanten (erste Ebene) geliefert werden müssen. Wir reden also u. a. von Rohstoffen, Hilfsstoffen, Halb- und Fertigfab- rikaten, Betriebsstoffen und Handelswaren. Durch eine Umgehung von Stamm- lieferanten steigt die Gesamtflexibilität eines Wirtschafts- oder Industrie-betriebs, findet sich vielfach Einsparungspotenzial und werden innovative Neuerungen schneller wahr-genommen.

Zahlen sich Verhandlungen mit Stammlieferanten über die Wirtschaftlichkeit von Kooperationen aus? Ja. Der südkoreanische Konzern LG Electronics steht hier exemplarisch für viele andere Konzerne. LG hat im Jahr 2009 mit hunderten von Lieferanten nach Verbesserungs- und Einsparungspotenzialen gesucht und ist fün- dig geworden. Dabei entstanden leistungsfähigere Chips, wurden Produkte stan- dardisiert und die Benutzerschnittstellentechnologie vorangetrieben.

Kontrollpunkte und Zielvereinbarungen

Erfolgreiche Topmanager setzen eigene Kontrollpunkte (abseits firmeninterner Mechanismen) und denken über Kurskorrekturen nach, wenn gewünschte Resultate ausbleiben. Sich selbst sehen sie als ein Zahnrad einer Maschinerie, die geschmiert laufen sollte. An die eigene Leistung werden hohe Erwartungen gestellt, die in der turnusmäßigen Frage münden: Was trage ich zum Wohlstand des Unternehmens bei?

In ähnlicher Weise müssen nach Abschluss einer Produktion oder Dienstleistung die zentralen Daten und Informationen über die wirtschaftliche Tätigkeit gesammelt und ausgewertet werden, um daraus für zukünftige Aufträge die richtigen Schlüsse zu ziehen. Möglicherweise wurden Arbeitsschritte doppelt absolviert oder es entstanden Zusatzkosten durch fehlerhafte Terminplanung. Ich empfehle für betriebswirtschaftliche Newcomer die nachstehende Checkliste zur internen Bestandsaufnahme und Ergebniskontrolle (ersetzt kein professionelles Controlling).

In den Bereichen Medien und Kommunikation empfiehlt sich Zielvereinbarungen zu treffen (s. Abb. 1). Ohne festgelegte Ziele kommt keine ergebnisorientierte Handlungsweise zustande. Deshalb ist es wichtig, im Vorfeld eines Projekts verbindliche Festlegungen zum Einsatz des Managementinstruments zu treffen, um u. a. falsche Auslegungen und Doppelarbeit zu vermeiden. Wichtig sind z. B.:

  • Fixierung von angestrebten Ergebnissen (messbare Qualität der Arbeit)
  • Vereinbarung eines Zeitrahmens
  • Beschreibung der Führungs- und Steuerungsfunktionen eines Projektteams
  • Arrangement des personellen und ökonomischen Ressourceneinsatzes
  • Definiertes Berichtswesen des Projektteams im Rahmen eines Controllings.


Abb. 1: Optionen für Zielvereinbarungen

Quelle: Hermanni, A.-J. (2019)