EUREKA Television.

Von Prof. Dr. Alfred-Joachim Hermanni

2024


Die Anfänge des Privatfernsehens.

Im Jahr 1984 wurde der Startschuss für das kommerzielle Fernsehen gegeben. Durch die Kabelpilotprojekte in Ludwigshafen, Dortmund, Berlin und München war es nun möglich, zusätzliche Fernsehprogramme auszustrahlen. Bundesweit waren RTL und Sat.1 die ersten Sender, die auf Sendung gingen. Kurz darauf folgten Musikbox (ab 1988 unter dem Namen Tele 5 bekannt) und EUREKA Television (1987). Am 3. April 1987 trafen sich die Regierungschefs der elf Bundesländer in Bonn, um den Rundfunkstaatsvertrag zu unterzeichnen. Dabei einigte man sich auf ein duales System. Zu diesem Zeitpunkt wurden die vier Programme bundesweit über Kabel und Satellit verbreitet.

Am 1. Mai 1987 startete EUREKA TV von München aus mit einem regulären Programm, das eine Mischung aus Informationsprogramm, Frühstücksfernsehen und Telehopping bot. Unter der Leitung von Chefredakteur Hermanni, der im August 1987 das Ruder übernahm, entwickelte Eureka eine neue Programmstruktur. Mit 30 Korrespondententeams in Deutschland und Programmlieferanten wie ABC, CBS, CNN, ESPN und NOWOSTI bot der Sender ein Informations- und Nachrichtenprogramm, das für damalige deutsche Verhältnisse einzigartig war.

Im November 1988 wandelte sich die Eureka Television GmbH zur ProSieben Television GmbH, die am 1. Januar 1989 erstmals unter dem Namen Pro 7 mit einem neunstündigen Programm auf Sendung ging. Von Eureka wurde u. a. der Chefredakteur Hermanni übernommen, der dann bei Pro 7 als Chefredakteur tätig war. Mit der neuen Gesellschafterstruktur wurde Pro 7 zu einem Vollprogramm mit einem bedeutenden Fokus auf Spielfilme ausgebaut.




Die nachfolgenden Passagen sind Ausschnitte aus dem Buch: Hermanni, Alfred-Joachim (1989). Fernsehnachrichten für Deutschland. Eine amerikanische Ausgabe. Bonn: Mittelstands-Verlagsgesellschaft.



(S. 36-37)
EUREKA-Television hatte niemals die „Lockerheit“ der US-Medien zu kopieren versucht, weil zum einen der deutsche Markt noch nicht so weit präpariert ist (die typisch deutsche Mentalität verändert sich wahrlich nicht durch wenige Jahre Privatfernsehen!) und zweitens manche Formen amerikanischer Präsentation von Nachrichten nicht nur unseriös wirken, sondern auch substanziell sind. Wir haben schlicht die redaktionellen Ansprüche höher geschraubt, die Mannschaft mehr als hart hergenommen, Zaubermittel eingesetzt, wenn derweilen die finanziellen Mittel zur Durchsetzung der Maximen recht knapp bemessen waren. Man muss halt als Macher die Fallen im Gelände kennen und nur die Teile des US-Programms „nachahmen“, die zumindest auf dem Reißbrett Zustimmung finden. Dem füge ich mit Nachdruck hinzu: Auf der anderen Seite hatte die Eureka-Mannschaft den Vorbildcharakter der US-Networks bei der Ausbildung der Redakteure und Moderatoren vor den Kameras, der technischen Abwicklung der Filmberichte, der Auswahl der Informationsquellen, beim marktorientierten Denken, experimentierfreudigem Austesten von neugeborenen Ideen etc. nie abgestritten. Denn: Wir können so weit gehen wie wir wollen, sie sind uns auf diesen Gebieten um einiges voraus.


(S.43-44)

EUREKA hatte allein ein Korrespondentennetz mit über einem Dutzend Redakteuren sowie Kamerateams in sieben Zentren der Bundesrepublik Deutschland aufgebaut, das täglich mehr als 100 Minuten nationale oder regionale Nachrichtenfilme exklusiv für die Münchner Zentrale drehte, bearbeitete und dorthin übermittelte.
Im Jahre 1988 arbeiteten 120 Redakteure, Korrespondenten, Cutter, Kameraleute, Archivare, Sprecher, Moderatoren, Sekretärinnen und Hilfskräfte für den aktuellen Teil des Unternehmens, die Chefredaktion. Diese Mannschaft bildete das Fundament, die kreative Substanz jener TV-Gesellschaft.




Politiker waren häufig zu Gast bei EUREKA-Television: Gerold Tandler, Bayerischer Innenminister (Foto oben);  Dr. Peter Glotz, ehemaliger SPD-Bundesgeschäftsführer (Foto unten).













Stellen wir doch ein letztes Mal mit aller Konsequenz die gewichtigsten Fragen an die ehemalige EUREKA-Crew:

  1. Wirtschafteten wir mehr schlecht als recht? Gewiss nicht, denn mit einem rund 30 Millionen-Etat nahezu anderthalb Jahre durchschnittlich ein 10 Stunden-Programm zu fahren, wo 150 Millionen angebracht gewesen wären, ist schon ein Kunststück.
  2. Hatten wir ein durchweg miserables Programm? Sicherlich nicht, da der Großteil der Produktionen aus dem aktuellen Bereich (Chefredaktion) kam und mit anerkannten journalistischen Mitteln sowie den nötigen handwerklichen Fähigkeiten produziert wurde. Gewünscht hätte ich mir schon bessere finanzielle Ressourcen, um öfters technische Übertragungswege – vor allem für Live-Ausstrahlungen – einsetzen zu können und um das optische Erscheinungsbild des Senders zu verbessern. Im inaktuellen Bereich (Spielfilm) lag unser Hauptproblem, denn die anspruchsvolle Ware fehlte zuhauf. Wir hätten niemals Marktpreise bis zu 300.000 DM für einen erstklassigen Filmstreifen zahlen können.
  3. Berichteten wir einseitig? Wohl kaum, denn keine der politischen Parteien oder bundesweit anerkannten Verbände hat uns jemals eine einseitige Berichterstattung vorgeworfen. Bei uns fühlte sich als Dr. Peter Glotz (ehemals SPD-Bundesgeschäftsführer) ebenso ordentlich journalistisch befragt wie Gerold Tandler (ehemals Bayerischer Innenminister/CSU) oder andere Prominente.
  4. Produzierten wir vielleicht zu teuer? Wahrscheinlich nicht, denn für einen sendefertigen Drei-Minuten-Beitrag 1200 DM zu bezahlen, ist unterstes Preisniveau. Ebenso sah es bei den Personalgehältern aus, durchaus im normalen Bereich und knapp unter denen der redaktionellen Mitarbeiter von SAT 1 und RTL plus.